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Entdeckung im U-Bahnhof

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Wir waren vor Kurzem in Nürnberg unterwegs. 

An einer U – Bahnstation sah ich einen Zettel: Ich, 21 Jahre, freundlich, gut aussehend :-), suche Zimmer in einer WG, Sozialarbeit- Studentin.

Darunter mehrere Zettel zum abreissen mit einer Handynummer. (Ich habe nicht das Original fotografiert, es kann also etwas abweichen)

Mich hat diese Suchanfrage stutzig gemacht. Vielleicht habe ich zu viel hinein interpretiert, aber sie wies mich auf einen Denkweg hin, wie ich immer wieder bei Menschen beobachte. 

Ich hab mich gefragt, wer klebt so einen Zettel an eine U Bahn Haltestelle? Es gibt doch sicher irgendwo ein schwarzes Brett in einer Uni/ Hochschule, wo Menschen, die suchen und bieten zusammen kommen.

Ist das ein Witz von jemand anderem, der einer jungen Frau eins auswischen will? Kann ja sein, dass irgend ein neidischer Kollege oder eine Kollegin noch eine Rechnung offen hat.

Und wenn eine junge Frau das geschrieben hat, dann frag ich mich, worum es denn geht? Die eigentliche Anfrage ist ja nach einem WG Zimmer, also nach einem Platz zum wohnen, vermutlich möglichst günstig. Warum muss diese Frau dann noch darauf aufmerksam machen, dass sie gut aussieht? Ist das wichtig, um eine Wohnmöglichkeit zu finden? Und wenn jemand darum ja sagt, möchte diese Person dann tatsächlich dort wohnen? Für mich ist diese Beschreibung höchst fragwürdig. Wie geht es dir damit?

Was ich auch damit verbinde ist die Frage, ob denn die Frau sich wertvoll genug findet, um ein WG- Zimmer zu finden, einfach so, wie sie ist? 

Und hier frage ich auch dich. Wo suchst du etwas und hast Angst es nicht zu bekommen? Ist es eine Arbeitsstelle, eine Wohnung, ein Auto….du brauchst vielleicht Unterstützung und wie machst du das, dass du zu deinem Ziel kommst? Bist du auch versucht, Seiten einzusetzen, die es dafür eigentlich nicht braucht? Aus Angst, dass wir nicht so angenommen werden, wie wir sind und mit dem, was wir haben versuchen wir etwas einzubringen, was eigentlich nicht nötig ist. Das erinnert mich an die Automessen. In jedem noch so schnittigem Auto rekelt sich eine hübsche Dame. Das nenne ich Manipulation, oder sogar Mannipulation. Leider wird uns das durch Werbung und unser Umfeld so eingeimpft. Wir sind nicht genug, es gibt immer noch schöner, schneller, grösser, besser. Auch in Beziehungen ist es dann schwer sich selber zu sein, denn Frau (und auch Mann) will gut dastehen. Oft in Angst, nicht gut genug zu sein, nicht zu genügen, nicht schön genug zu sein…und und und. Wo findest du dich da wieder? 

Ein Teil dieser Entwicklung verdanken wir dem ständigen Vergleich mit anderen, zuerst durch zum Beispiel Eltern, als Mutter kann ich da ein Lied singen, das fängt gleich nach der Geburt an: Mein Kind kann schon durchschlafen, es krabbelt, läuft, lächelt, schreit…es wird verglichen. Es genügt nicht die reine Freude an der Entwicklung des Kindes, nein: mein Kind kann jetzt schon stehen… 

Übrigens hatte ich ein lustiges Erlebnis: einer unserer Söhne konnte mit 9 Monaten laufen, als ich mit einer Kollegin darüber ins Gespräch kam, fragte sie mich doch tatsächlich: „Darf der das schon?“ Das zeigt noch einen anderen Teil unserer Strategien. Wir vertrauen nicht mehr, dass wir genügen oder dass unsere Kinder genügen, sondern wir richten uns nach Standards, nach Vorschriften, danach, wann ein Kind oder Erwachsener denn das und das können sollte. Wenn wir das Gefühl haben, wir oder das Kind entsprechen nicht der Norm, müssen wir uns aufwerten oder den anderen abwerten. 

So auch in dem Zettel an der U Bahn, offensichtlich reicht es nicht einfach nach einem Zimmer zu fragen, sondern da gehört noch eine zweideutige Aufwertung dazu. 

Nun die Herausforderung an dich: Wo findest du dich in dem wieder. Aus verschiedenen Gründen hast du den Eindruck, du bist nicht genug, du musst dich aufwerten um wertvoll genug zu sein oder andere abwerten durch etwas, was du sicher gut kannst, aber eigentlich nichts mit dem zu tun hat, was du wirklich brauchst? 

Schau dir diese Dinge gut an, überleg dir, was du wirklich willst und wie du dich verkaufen willst. Du kannst das entscheiden, wie der Eindruck aussehen soll. 

Du musst dich nicht vom Alten leiten lassen, von dem, wie es immer gelaufen ist, sondern darfst Neues ausprobieren und zu dir stehen. Und wenn dich jemand nicht so nehmen will, wie du bist, dann frag dich, ob dir das recht ist. Ja, das darfst du!

Sei ermutigt, sei einmalig.

Liebe Grüsse 

Ria

Wenn du dich intensiver mit deinen Themen auseinander setzen willst, dann schau, ob der Online-Bereich etwas für dich ist oder du dir persönliche Begleitung wünschst. 


 

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