…nein, das ist keine Anleitung zur Manipulation, sondern eine Ermutigung zum hinterfragen, was wir als gegeben hinnehmen.
Kennst du das: eigentlich solltest du doch in deinem Alter das und das können, schaffen, erledigen, keine Probleme mehr damit haben usw. Da sind riesige Ansprüche. Woher kommen die? Wenn wir uns das mal anschauen, werden wir stutzig. Oft kommen sie ja vom vergleichen, denn müsste, hätte, sollte hat immer mit vergleichen zu tun. Wie soll man sonst einen Wert haben, an dem man sich orientiert. Wie oft vergessen wir dabei unsere eigene Wahrnehmung und das, was UNS wirklich wichtig ist? Was wir in unserem Herzen wollen. Immer wieder kommen Menschen zu mir, die sortieren wollen. Viele leben in einer Verwirrung, in der sie selber nicht mehr heraus finden, was sie eigentlich wollen und welche Gedanken, Ansprüche von ihnen selber und welche von aussen sind.
Ein erfundenes Beispiel, wie ich es ähnlich immer wieder erlebe, zeigt, um was es geht:Eine Frau kommt zu mir in die Beratung. Sie ist ca 30, hat ein 2.5 jähriges Kind und arbeitet als Krankenschwester, das Kind ist zwei Tage in der Woche in der Kindertagesstätte. Seit einiger Zeit hat sie das Gefühl, dass sich der kleine Junge in der Kita nicht mehr wohl fühlt. Er verändert sich, will morgens nicht mehr hingehen und da es für ihn schwierig ist, sich auszudrücken, interpretiert sie, dass ihm diese Fremdbetreuung nicht gut tut. Sie fühlt sich nicht wohl dabei, ihn gegen seinen Willen zu schicken. Gespräche mit den Betreuern haben kein Ergebnis gebracht. Gemeinsam schauen wir die Situation an. Ich frage sie, was sie denn gern tun würde, wenn sie nur auf ihr Herz hört. Sie sagt, sie würde ihn grad raus nehmen und ihm vor dem Kindergarten noch mal Zeit daheim gönnen. Auf die Frage, warum sie ihn denn in die Kita gegeben hat? Sie hatte Angst, zu sehr aus dem Job heraus zu kommen und keine Stelle mehr zu finden, wenn der Junge gross genug ist. Ausserdem wollte sie das Geld dazu verdienen. Sie hat sich nie überlegt, ob es für das Kind gut ist oder nicht. Wie geht’s ihr denn JETZT. Diese Punkte haben wir im Heute angeschaut. Jetzt merkt sie Folgendes: sie hat damals mehr geschaut, was die anderen machen, als ihre eigene Wahrnehmung zu erkunden und eigentlich wollte sie ein Kind, und auch die Zeit mit ihm verbringen. Die finanzielle Situation würde es zulassen, noch mit dem Kind daheim zu bleiben, zumal sie für die Kita sehr viel von dem Geld zahlt, welches sie verdient. Einen Job zu finden, ja, das kann eine Herausforderung sein, aber auch da muss sie sagen: ja, ich habe es gut in meiner jetzigen Arbeit, aber es wäre mir mehr wert, daheim zu bleiben, und auch einen anderen Job zu suchen. Sie überprüft ihre Einstellung auch dem gegenüber, dass ein Kind so früh wie möglich sozialisiert werden muss und ob das durch eine Ganztagsbetreuung erfolgen muss. Wir schauen verschiedene andere Möglichkeiten an. Langsam löst sich ihre Spannung und sie erkennt, was sie wirklich will und wie ihr Weg aussehen kann.
Später sagt sie, dass sie gekündigt hat und den Jungen aus der Kita genommen hat. Sie konnten die Zeit als Familie noch mal unbelastet geniessen, bevor der Kindergarten begann. Sie fand dann eine Stelle als Krankenschwester – einfach ein paar Stunden am Morgen.
Und immer, wenn sie sich überlegte, was sie da eigentlich machte und warum, musste sie sich erinnern, dass es ihr eigener Weg ist mit ihrem Kind und sie als Familie einfach diesen Weg gehen. Das konnte sie aber nur heraus finden, weil sie anschaute, was in IHREM Herz war und was von aussen kam. Und für all ihre Beziehungen hat sich das gelohnt. Auch in anderen Bereichen hat sie gelernt zu fragen, was eigentlich IHR Bedürfnis ist und nicht nur auf das zu schauen, was andere in der gleichen Situation machen.
DENN, was für den einen in der gleichen Situation stimmt, passt für einen anderen nicht. Das ist Realität. Es gibt einfach kein Schema F, welches für dich UND mich gilt, auch wenn wir das manchmal einfacher fänden …
Und das ist auch gleich ein Hinweis an alle, die jetzt das Gefühl haben, sie müssten die Kids aus der Kita nehmen 😉 . Du fällst gerade auf der anderen Seite vom Pferd. Auch für dich gilt: Schau genau an, was sind deine Bedürfnisse, was nimmst du wahr in Bezug auf deine Umstände und was würdest du gern ändern. Denn es geht nicht, etwas zu leben, was andere für richtig halten, sondern deinen Weg, bzw. euren Weg als Familie zu gehen und der ist für jeden anders wunderbar und einmalig.
Ganz herzlich – Ria